Hussein ist 25 Jahre alt, bald 2-facher Vater und Erzieher bei uns im Lebensstift. Neben dem Kochen und Backen gehört auch das Schreiben zu seinen Hobbies. Vor allem Gedichte, aber hin und wieder auch Rap, haben es ihm angetan. Außerdem macht ihm alles Spaß was mit Bewegung zu tun hat, was wir spätestens bei unserem Sportfest neulich alle gemerkt haben dürften.
Aber Husseins Leben war nicht immer einfach und geprägt von Instabilität. Deshalb möchte er genau diese Stabilität den Kids bei uns in der Einrichtung heute ermöglichen, weil er weiß wie schwer das Leben manchmal spielt und wie wichtig es ist eine Perspektive zu haben.
„Das ist auch so eine Sache, warum ich hier arbeite: weil ich auch eine harte Zeit hinter mir habe.“
Wir spulen zurück…
Hussein ist in Berlin Neukölln in der Hermannstraße, später in Rixdorf, groß geworden. Seine Eltern kamen vor knapp 30 Jahren nach Deutschland und haben alles dafür getan sich hier mit ihrer Familie ein neues Leben aufzubauen. Doch der Anschluss fiel schwer, die finanziellen Schwierigkeiten taten ihr übriges. Und so musste die Familie irgendwann aus ihrer Wohnung raus, weil kein Geld mehr für die Miete da war. Hussein ist zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt.
Doch mit seinen Eltern zurück in eine Art Heim, das kam für ihn nicht in Frage. Also zog er zunächst zu seiner Tante. Doch auch das war für Hussein nicht die Lösung. Es gab viel Stress und Spannungen innerhalb der Familie und er beschloss lieber sein eigenes Ding zu machen. Doch wohin ohne Job und ohne Wohnung?
Er bewarb sich beim Coolrabi e.V., einem Verein der Familien, Jugendliche und Junge Erwachsene in schwierigen Lebenslagen unterstützt, beispielsweise bei der Wohnungssuche, bei Konflikt- und Krisenbewältigung, bei der Finanzplanung und Schuldenklärung, oder in anderen Situationen, die Schwierigkeiten bereiten.
Er kam eine Zeit lang immer wieder in Armut-Unterkünften unter, landete zwischenzeitlich auch immer mal wieder auf der Straße. Dank der Unterstützung durch den Verein fand er irgendwann endlich eine Ausbildung als Sozialassistent. Und trotzdem dauerte es insgesamt 1 Jahr, bis sich endlich eine neue Perspektive für Hussein auftat und er in seine erste eigene Wohnung ziehen konnte. Doch das Glück war nicht von langer Dauer, denn als das Jobcenter die Hilfen nicht mehr auf das Mieterkonto, sondern auf sein privates Konto überwies, gab Hussein das Geld für sich aus, statt die Miete selbstständig zu überweisen. Das Resultat: 5.000€ Schulden und wieder die drohende Obdachlosigkeit.
So ging das Spiel für Hussein von vorne los, doch an Aufgeben war für ihn nicht zu denken. Also verfolgte er weiterhin seine Ausbildung als Sozialassistent und hing noch eine Ausbildung als Erzieher hinten dran. Dann kam der erste Job in einer Kita, bei der er schnell merkte, dass das nicht so richtig etwas für ihn ist. Er wechselte also an eine Grundschule und engagierte sich nebenbei ehrenamtlich in einem Kinder- und Jugendclub. Hier lernte er auch seine heutige Frau und Mutter seiner Kinder, Cathleen, kennen. Die ehrenamtliche Arbeit hier gefiel ihm so sehr, dass er sich auch auf einen festen Job in dem Club bewarb. Doch die Stunden reichten nicht aus um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Also suchte er weiter nach einem Job, bei dem er Kindern und Jugendlichen helfen konnte sich in der Gesellschaft zurechtzufinden und ihnen eine Perspektive zu geben. Und so kam er über eine Stellenanzeige im Internet zu Lebensstift.
Obwohl Hussein eigentlich immer lieber mit älteren Kindern und Jugendlichen arbeiten wollte, ist er heute Erzieher bei den Regenbogentänzern – einer unserer intensivpädagogischen Kindergruppen. Und das passt für ihn nun doch besser als gedacht. Er sagt dazu: „Bei der Vertretung in der Jugendwohngruppe habe ich gemerkt, dass das mit den Jugendlichen zwar auch cool ist, aber da ist einfach weniger los, weniger Action. Mit den Kids hast du immer was zu tun, da wird es nie langweilig.“
Das Hauptziel das Hussein bei Lebensstift und bei den Regenbogentänzern verfolgt, ist es die Kinder zu selbstständigen (zunächst) Jugendlichen heranwachsen zu lassen und sie dabei zu unterstützen sich im Leben und in der Gesellschaft zurechtzufinden. Gemeinsam mit seinem Team trägt er gewisse Normen und Werte an sie heran und gibt ihnen Raum sich zu entfalten und auch zu lernen was ihre Rechte und Pflichten sind. Dafür sind für Hussein vor allem auch die Teamsitzungen sehr wichtig. Der Austausch mit den Kolleg*innen spielt hier eine große Rolle.
Schwierig ist für ihn aber manchmal vor allem eines: „Nähe und Distanz zu wahren ist eine Sache, die nicht immer leichtfällt. Vor allem in Krisen oder wenn man die Geschichten der Kinder mitbekommt. Da professionell zu bleiben ist sehr wichtig.“
Für seine Arbeit bei Lebensstift wünscht Hussein sich hier und da noch etwas mehr Sicherheit was die Aufgaben angeht. „Aber das kommt vielleicht auch erst mit der Zeit“, denkt Hussein. Schließlich ist er erst knapp 2 Monate hier. Und er würde gern das Thema Gesunde Ernährung noch mehr im Alltag fokussieren. Durch den hauseigenen Koch wird dieses Thema zur Mittagssituation super umgesetzt, aber auch beim Frühstück und Abendbrot würde er den Kids gern noch mehr Abwechslung und gesündere Alternativen anbieten wollen als jetzt schon praktiziert wird, damit sie lernen wie wichtig gesunde Ernährung ist und wie man das auch im stressigen Alltag unterbringen kann.
Außerdem möchte er gerne mal hinter die Kulissen von Lebensstift schauen und erfahren wie der Alltag bei der Geschäftsführung so aussieht. Wie finanziert sich ein freier Träger der Jugendhilfe und wo beantragt man Fördergelder für Projekte? Auch die ein oder andere Fortbildung würde Hussein sehr interessieren.
Wir sind auf jeden Fall froh Hussein bei uns an Bord zu haben. Durch seine positive Art und die gute Laune, die er stets versprüht, ist er wirklich wertvoll für unsere Kids, die Kollegen und die tägliche Arbeit. Und da wir jetzt auch etwas mehr über ihn lernen durften, sind wir zudem mehr als beeindruckt von seinem Mut niemals aufzugeben.